Nostalgiekostüm

petrol6petrol5Dieses Kostüm existiert eigentlich nur, weil ich gern eine passende Garderobe für das große, handgestickte Collier haben wollte. (Die verwendeten Techniken für solch eine Embroideryarbeit habe ich hier, hier und hier beschrieben.) Es muss nicht unbedingt ein Kleid werden, dachte ich mir. Wenn ich den Kragen weit genug nach unten ziehe, könnte es auch ein Kostüm sein, das obwohl geschlossen den Schmuck nicht verdeckt.

Garderobe und Schmuck historisieren hier nach Lust und Laune, sie sind nicht eindeutig einer Stilrichtung zuzuordnen.

Das Collier weist durch die Verwendung von Naturmaterialien wie Perlmutt und wegen der Üppigkeit Merkmale des Barock auf, seine Form mit den Gehängen findet sich im Rokoko wieder. Zu der Zeit wurden besonders häufig Perlen getragen, denn Gold war nur sehr hochgestellten Personen erlaubt.

Die Blusenärmel mit den Volants könnten aus dieser Zeit stammen. Die Manchette der Jacke ist dekorativ geschlitzt, um den Volants Platz zu bieten.

Die lange schmale Gestalt und der große, geschwungene Kragen lassen eher Jugendstil vermuten. Auf die große Tournüre ist jedoch verzichtet. Der lange Sechsbahnenrock fällt glatt.  Das Schößchen der Jacke läuft nach vorn kurz aus. Der zum Kragen gegenläufige Bogen der Saumkante macht das Oberteil kleiner und zierlicher.

Fast würde ich sagen, auch militärische Züge neuerer Art sind vorhanden. Dies ist erkennbar an dem Riegel im Rücken, der das Ende der Kellerfalte abdeckt und die Farbe petrol hat auch mehr Praktisches als Schmückendes an sich. Besonders freut mich, passende Knöpfe gefunden zu haben, die in der Mitte bronzefarbig sind und einen gesprenkelten Rand in eben dem petrol haben.

Der Oberstoff des gefütterten Kostüms ist Feingarbardine. Für die Bluse fand sich in hellgelb seinerzeit leider nichts Edleres als Futterstoff. Die Jacke ist nach einem  Jackengrundschnitt entstanden, den ich vor Jahren nach einer Anleitung der Neuen Kunstschule Zürich konstruiert habe. (Ich habe ein Fernstudium in Modezeichnen absolviert.) Die Bluse ist nach einem engeren Grundschnitt entstanden, bei der ich die Abnäherverlegung in gleicher Form wie bei der Jacke vorgenommen habe. Die Teilungsnähte und der Ausschnitt sind also gleich, alles andere ist abgewandelt.

Der Kragen war nicht schwer herzustellen, denn er hat keinen Steg oder eine besondere Konstruktion. Ich habe lediglich den Ausschnittbereich kopiert und einen breiten Streifen gezeichnet. Die Kragenecken überlagern sich, sind also über die vordere Mitte hinaus gezeichnet worden. Es ist mir nicht so ganz gelungen, die Rundung durch Einschneiden der Nahtzugaben zu entspannen; etwas Welligkeit sieht man vorn schon. Wichtig war, und das habe ich erst im Nachhinein korrigiert, den Oberkragen größer zuzuschneiden, denn durch das Umbiegen im Nacken verkürzt er sich und der Unterkragen schaut hervor. Es war direkt so, dass sich der Kragen nicht gut legte und wie aufgebläht aussah. Wenige Millimeter dieser so genannten Rollweite rundherum reichen schon. Nur der Unterkragen ist verstärkt.

 

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Das Buch übrigens ist ein historischer Roman und begleitet den Lebensweg von zwei Geschwistern. Sie wird Hofdame bei Königin Elisabeth I. im England des 16. Jahrhunderts und hat ausgezeichnete Kontakte, um über alles informiert zu sein. Er ist, nachdem er sich als blinder Passagier auf ein Handelsschiff geschlichen hat und einiges an Qualen durchstehen musste, schließlich mit Francis Drake  mit Duldung und zum Vorteil der Krone als Freibeuter unterwegs. Es wird viel geschichtliches Hintergrundwissen vermittelt und anschaulich erzählt, wie das Leben damals aussah.

-Lasst mich noch kurz visionär in die Ferne blicken und verinnerlichen, was ich gerade gelesen habe, bevor ich Euch die Linkparty RUMS empfehle, wo auch dieser Beitrag zu finden ist.

4 Gedanken zu “Nostalgiekostüm

    • formspielerins werke 31. März 2017 / 10:32

      Zum Lesen im Garten würde ich sagen… Nein, im Ernst, ich habe es nur ganz wenig an. Ich stelle mir vor, ich trage das Kostüm, wenn ich mit anderen Damen sticke und Kaffee trinke. Für ein Mittelalterfestival taugt es nicht so bei dem langen Rock, denn diese versinken oftmals im Schlamm. Außerdem ist es dafür schon fast zu modern. Für alltags ist es natürlich nicht gedacht. Es muss auch mal Sonntag sein! Regina

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  1. elfenzwirn 9. April 2017 / 0:24

    oh, das sieht wahnsinnig aufwendig und sehr schön aus!
    Es passt alles wunderbar zusammen und die Volants geben dem eher strengen Kostüm etwas Verspieltes. Das Collier ist einfach nur wunderschön.
    Liebe Grüße

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