Bikerjacke in dunkelblau

Mit diesem Projekt bin ich auch wieder sehr glücklich, denn ich kann eine in die Jahre gekommene Jacke gleichwertig ersetzen. Naja, gleich schön, aber nicht gleich teuer, ehrlich gesagt. Das Original habe ich vor etwa 15 Jahren bei Clemens und August gekauft und da war mir schon klar, dass das ein Schnäppchen war. Inzwischen ist ja schon fast alles doppelt so teuer… Ich habe da gern gekauft, nicht alles, aber viele Basics. Leider gibt es bei uns keine Filiale mehr.

Den Stoff, ich denke Canvas, habe ich schon länger am Lager gehabt. Mal in Dänemark bestellt, glaube ich. Selbst wenn ich den gar nicht mitzähle, komme ich mit dem anderen Zubehör deutlich höher im Preis. Ja gut, man bestellt auch mal was in doppelter Ausführung, es muss sich ja auch lohnen… So ist das mit dem Nähen, Hobbies insgesamt, weiß jeder von sich selbst. Ich hatte 3 Meter Stoff und habe etwa 2,40 Meter gebraucht. Es ist also nicht so riesig viel übrig. Die Menge ließ mich zunächst zögern ihn anzuschneiden. Der Rest kann ja noch eine Tasche werden zum Beispiel.

Das Schnittmuster ist wie immer selbstgemacht, also konstruiert. Irgendwie mit Folie abzupausen wäre schon auch gegangen, wenn auch ungenau, aber das wollte ich nicht. Ich habe die Jacke an ganz vielen Stellen ausgemessen und geschaut, wie ich mit dem Grundschnitt dahin komme. Es stellte sich schnell heraus, dass ein Grundschnitt für Jacken nicht ausreichte, er musste Mantelweite haben. Ich habe eine Ärmelanlage mit Raglanabtrennung gemacht und den Rücken dabei stark erhöht. Es hat etwas gedauert, bis ich es hatte, weil die Dimensionen weit weg waren von dem, was das Fachbuch empfiehlt. Die Teilungsnähte beinhalten den Brustabnäher. Die Taillenabnäher habe ich verschoben und zum Saum hin geöffnet, hinten und vorn. Man muss darauf achten, dass man kompakte Schnittteile erhält, denn zu spitze Teile verziehen sich leicht.

Das Nähen war ähnlich erbaulich wie eine Jeans, mit den ganzen Absteppungen. Die doppelten Nähte sind so breit, dass ich dafür keine Zwillingsnadel hatte und einfach die Füßchenbreite zur Orientierung genutzt habe. Ich habe diesmal keine Kantenversäuberung (bei mir immer mit Zickzackstich) vorgenommen, die Industrie macht das auch nicht. Wenn das Kleidungsstück mal fertig ist, geschlossen mit Futter, hat es ja nicht viel Strapazierung mehr auszuhalten. Außer beim Steppfutter, da habe ich es schon gemacht. Ansonsten würde es bei den etwa 70 einzelnen Stoffstücken fast einen Tag mehr Arbeit bedeuten.

Bei Gürteln und Stegen bin ich anders vorgegangen als sonst. Ich wollte den steifen Stoff nicht als Schlauch wenden müssen. Ich habe genäht, gebügelt und anschließend die Hälfte wieder aufgetrennt. Geschlossen wurden die so einfach zu wendenen Teile dann mit dem Zierstich. Für alles zusammen habe ich übrigens etwas mehr als drei Rollen von dem dickeren Garn verbraucht. Da gibt es diese gestreiften Manschetten und Ellenbogenflicken, alle Kanten und Nähte doppelt; das verbraucht schon einiges. Für die ovale Form des Flickens habe ich eine Pappschablone zum Umbügeln der Nahtzugaben benutzt.

Ich habe keinerlei Einlage verwendet, ich fand den Stoff stark genug. Die Originaljacke ist scheinbar komplett mit leichtem Vlies versehen. Mein Futter ist etwas dicker, so dass ich bei meiner Jacke den Übertritt nicht gefüttert habe. Vier Lagen Stoff sind an der Stelle wohl genug. Ich liebe diese graublaue Farbe vom Steppfutter! Die braune Paspel hatte ich noch herumliegen, genauso wie das bronzefarbene Taschenfutter. Unter den Armen gibt es Verstärkungen mit Lüftungslöchern. Dafür sind Ösen eingenietet. Auch der Kragen ist gefüttert, der Steg dagegen nicht.

Für die Taschen ist eine Schlitzeinfassung notwendig. Ein Stoffstück wird auf die rechte Seite mit einem schmalen Rechteck aufgenäht, beides eingeschnitten und das Stoffstück auf die linke Seite durchgezogen. Das ergibt eine saubere Kante hinter der der Reißverschuss platziert und festgenäht werden kann. An den Nahtzugaben kann man dann die Taschenbeutelteile einzeln befestigen und danach zusammennähen. So sind Reißverschlusstaschen im Grunde weniger schwierig zu nähen als Paspeltaschen, wirken aber nicht weniger professionell.

Die Reißverschlüsse habe ich nach Maß bestellt. Ich mache ja keine bezahlte Werbung, aber ich bin doch begeistert, dass ich so kreativ arbeiten kann, weil ich Material nach meinen Vorstellungen bekommen kann. Deswegen, bei Schneidereibedarf Werner gibt es jede Art Reißverschlüsse in allen Längen und allerlei anderes auch. Bei den Schnallen war es schon etwas schwieriger, aber letzten Endes hat das Internet alles für dich. Die Ärmelschnallen hatte ich eigentlich noch mit einem Dorn versehen wollen, habe es dann aber doch gelassen, weil sie nicht die richtige Länge hatten und es mit den Ösen etwas sperrig hätte werden können. Die Druckknöpfe muss ich noch erwähnen, hinten und vorn für die Koller, die Riegel an der Schulter und den Steg, um den Kragen eng am Hals zu schließen. Weder mit denen noch bei den Ösen gab es Probleme.

Ob hoch oder locker geschlossen oder weit mit reversartigem Aussehen, man hat je nach Wetter und Laune verschiedene Möglichkeiten den Ausschnitt zu gestalten. Und warm hält sie auch, gerade beim Spaziergang erprobt. Insgesamt ein schönes und sinnvolles Projekt für den Winter.

Dieser Beitrag ist verlinkt mit dem MeMadeMittwoch.

15 Gedanken zu “Bikerjacke in dunkelblau

  1. Nria 7. Februar 2024 / 11:30

    Sieht wirklich super aus! Das ganze Absteppen nervt mich auch oft … wenn man näht, versäubert und absteppt, näht man die gleiche Naht quasi dreimal, das zieht sich schon. Aber die Möglichkeit für Reißverschlüsse auf Maß begeistert mich grade ziemlich 😀

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    • formspielerins werke 7. Februar 2024 / 11:43

      Und ich bin eigentlich begeistert von deiner Jacke. Schade, dass sie nur zur Probe reicht. Probiere es gern mit den Reißverschlüssen, denn manchmal ist es eben nicht egal.

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  2. manuelaa2141f9ef8 7. Februar 2024 / 19:21

    Chapeau! Ein sehr aufwendiges Kleidungsstück, Du hast Dich mal wieder selbst übertroffen. Danke für die „Fotoanleitung“ zur Tasche mit Reißverschluss. Das werde ich mir merken. LG Manuela

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  3. Jeanette 7. Februar 2024 / 21:05

    Das Ergebniss spricht für sich, die Jacke ist sehr schön, Sie wird dir sicher auch viele Jahre gute Dienste tun. LG Jeanette

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  4. Mein Lebensspiel 7. Februar 2024 / 22:05

    Wie immer: Hut ab vor deiner Geduld und Hingabe, mit der du an jedes neue Werk gehst. Fast schon detektivisch-wissenschaftlich! Das Ergebnis überzeugt zu 100% und war jede Naht wert. Auch ich bin oft genervt von: Versäubern, Nähen und jetzt soll ich auch noch absteppen?

    LG Miriam

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    • formspielerins werke 8. Februar 2024 / 11:06

      Danke! Es hat fast drei Wochen gedauert, aber ich liebe es Dinge zu entwickeln. Ohne Anschauungsmodell hätte ich das niemals geschafft.

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      • Mein Lebensspiel 8. Februar 2024 / 18:55

        Klasse! Bei mir braucht fast jedes Teil mindestens 3 Wochen, da mir selten mehr als ein Abend, ein Nachmittag in der Woche zum Nähen bleibt. LG

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  5. Frau Augensternswelt 8. Februar 2024 / 10:59

    Was für eine aufwändige Jacke du dir genäht hattest. Sie sieht wirklich perfekt aus, wie aus dem Laden. Ganz viel Freude damit.
    Liebe Grüße
    Annette

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  6. Sandra N. 9. Februar 2024 / 19:27

    Deine Jacke ist sehr gelungen, ein echtes Meisterstück. Vielen lieben Dank für die gelungene Anleitung.
    Ich wünsche Dir viel Freude damit.

    LG
    Sandra

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  7. Ina 10. Februar 2024 / 0:43

    GROSSARTIGES TEIL!!! Ich bin ganz hin und weg von Deiner Jacke, die mit so viel Geduld und Akkuratesse gearbeitet ist. Tolle Beschreibung der vielen Details – ich habe bis zum Schluss gelesen. Und dann auch noch den Schnitt selbst konstruiert – sowas geht mir ja völlig ab, obwohl ich schon länger nähe. Also alles in allem ein wahres Masterpiece, das dich lange begleiten wird. Liebe Grüße von Ina

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  8. teetrinkerszuhause 11. Februar 2024 / 0:12

    Wow, deine Jacke ist dir sehr gut gelungen und steht dir ausgezeichnet. Dass du sie selbst konstruiert hast, ist mega.

    LG, Heike

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  9. Stefanie 11. Februar 2024 / 23:27

    Wow, ich bin echt beeindruck von dieser coolen Jacke. Vor allem, dass Du den Schnitt auch noch selber konstruiert hast! Die Jacke an sich ist ja schon ein Meisterstück, aber mit der Eigenkonstruktion on top – nochmal wow. Du hast auch lauter schöne Details drin, gab es die schon bei dem Modell von Charme und Anmut, oder hast Du da noch ein bisschen aufgemotzt?
    Viele Grüße, Stefanie

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