Jil Sander – Sew along Teil 4

Wie überall steht vor dem Vergnügen die Arbeit, hier ganz besonders. Es waren fünf Konstruktionsansätze und zwei mehrfach modifizierte Probeschnitte nötig bis ich zufrieden war. Die Modefirmen haben es relativ leicht, denn sie haben Programme, bei denen sich von einander abhängige Maße automatisch mitverändern. Ich dagegen zeichne, schneide und klebe bis zum Abwinken und beneide sie ein bißchen. Aber da muss ich wohl durch, wenn ich so furchtbar neugierig bin.

Das Füttern habe ich folgendermaßen gelöst:

Das Futteroberteil reicht bis zur Abtrennung im Oberstoff. Es ist ganz schlicht gehalten mit zwei seitlichen Abnähern. Am vorderen Teil des Futterrockes ist der erforderliche Umfang am Saum nur durch Ausstellen erreicht, ich formte die Falte nicht nach. Der rückwärtige Teil des Futterkleides ist nahezu identisch dem Schnitt des Oberstoffs. Eine Schulterpasse fasst den oberen Teil des Abnähers zusammen. So habe ich am zu verstürzenden Halsausschnitt weniger übereinander liegende Nähte.

Die beiden Rückenabnäher habe ich genau übereinandergelegt miteinander verbunden, ebenso vorn die Quernähte an ihren Nahtzugaben zusammengenäht. Mithilfe meiner Papierbüste konnte ich das Futter wieder wunderbar an den Reißverschluss herandrapieren, so wie ich es schon für das Weihnachtskleid `16 getan habe. Um sicher zu gehen, dass nichts spannt, wollte ich das Kleid noch einmal zur Probe anziehen und habe dafür die Nadeln nach außen umgesteckt. Als alles gut war und ich mit der Handnaht beginnen wollte, fand ich es recht hilfreich, sie dort zu haben, denn wie oft verfängt sich sonst der Faden in einer Stecknadel, was ziemlich aufhält. Das mache ich ab jetzt immer so.

Ich habe mich für dreiviertellange Ärmel entschieden. Nachdem der Futterärmel am Armloch punktuell fixiert war, habe ich am Manchettenansatz Futter und Oberstoff zusammenfassend aufeinandergenäht. Die breiten Manchetten beginnen an der Ellenbogenlinie des engen Kleiderärmels. Zuerst ist die Manchettenaußenseite angenäht, die Innenseite mit den eingeschlagenen Nahtzugaben dann von Hand. Den Schlitz habe ich ähnlich wie bei einer Bluse gesetzt und ein kleines Stück zusammengenäht, damit er nicht allzu weit auseinanderklafft.

Der Saum war nicht gerade schnell gemacht. Eine Blindstichnaht war schon komplett fertig, als mir auffiel, dass die Kante unschön durchdrückte trotz sehr lockerem Stich. Den Futterrock wollte ich eigentlich frei hängen lassen. Am Saum sollte das Kunstwerk nun aber nicht scheitern müssen. Also habe ich erst einmal die Kante eingebügelt und alles wieder aufgemacht. In den Futterrock habe ich eine eingeschlagene Kante gebügelt und diese bei der Anprobe feststecken lassen. Die Futterkante ist hohl an die Saumkante genäht. Diese Methode ist nicht besonders gut zu bewerkstelligen, aber ich glaube nicht, dass es in gewendetem Zustand leichter gewesen wäre.

Futter7

Et voilà, ich bin fertig! Tragebilder erst am 25. März. Termin ist Termin, nützt nichts! (Ein Bohei wegen eines einzigen Kleides, was?)

4 Gedanken zu “Jil Sander – Sew along Teil 4

  1. Siebensachen 12. März 2018 / 22:16

    Gratulation! Da mein dunkelblaues „Probekleid“auch (bis auf den Saum) fertig ist, kann ich jetzt besser die kleinen Unterschiede bei unseren Kleidern sehen. Sehr gut gefallen mir deine Ärmel mit den Manschetten. Gestaunt habe ich über die Lösung beim Saum: Kleid und Futter miteinander zu verstürzen – und das hält den Saum oben?
    Ich werde wohl noch die verbleibende Zeit brauchen, um das endgültige Kleid zu nähen. Wenn es wegen Reisevorbereitungen doch nicht mehr klappen sollte, habe ich ja immer noch das blaue Kleid.
    LG
    Siebensachen

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    • formspielerins werke 13. März 2018 / 9:06

      Die Manchetten passen aufgrund ihrer Breite zur rechtwinkligen Unterteilung des Kleides, denke ich. Und die Schlitze korrespondieren mit der großen Falte im Vorderteil.
      Es war halt gerade die Schwierigkeit da, Futter und Oberstoff so zu verbinden, dass der Saum weder hängt noch vom Futter hochgezogen wird. Es gibt keine überschüssige „Bewegungslänge“ des Futters. Da ich die Länge des Kleides einmal festgelegt nicht mehr verändert haben wollte, habe ich das Pferd ein bißchen von hinten aufgezäumt, denn eigentlich sollte es ja so sein wie wenn man eine Jacke füttert, man die Saumkante erst hinterher bügelt, weil man nicht genau weiß, wie es fallen wird. Rocklänge, individuelle Haltung und die Beeinflussung von Falten müsste man schon beim Zuschnitt wissen, um diese Art Saum rationell nähen zu können.
      Früher oder später werden wir deine Version wohl auch sehen, ich freue mich drauf!

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  2. Overall 13. März 2018 / 0:25

    Am besten gefällt mir die „neue Sachlickkeit“ des Kleides, klare Linien, kein Schnickschnack und doch Extravaganz. Dazu passt sehr gut die Farbe, petrol. Ich weiß nicht, ob es mir nur so vorkommt, aber ich sehe die Sixties vor Augen, den Aufbruch, die Klarheit, die Eleganz und da Öl (petrol!) nichts kostete, eine gewisse Luxorität. Das Kleid drückt all dieses aus. Ich sehe Audrey Hepburn. – Mode als Statement!
    Grüße, Overall

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