Sanduhr-Kleid

Dieses Kleid ist mit grafischen Mitteln figurunterstützend gestaltet. Der Entwurf ist aus Wollstoff in drei neutralen Grautönen verschiedener Helligkeit realisiert. Darunter trage ich einen Rollkragenpullover in hellerem grau, könnte ihn mir aber auch in einem knalligen Buntton vorstellen, z.B. hellrot.

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Das Kleid ist vom Schnitt her körpernah. Die beiden hellen Streifen laufen oben und unten auseinander. Am engsten bei einander liegen sie auf Taillenhöhe, ähnlich einer Sanduhr. Sie sind nicht gleichmäßig breit, sondern werden nach unten hin breiter. Das macht die Sache noch dynamischer, wie ich finde. Die zur Konstruktion notwendigen Abnäher sind zwischen den Bahnen in Längsrichtung platziert und brauchen somit nicht sichtbar zu werden. Als Verschluss dient ein Reißverschluss, der in der linken Seitennaht angebracht ist.

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An der Schulter wechseln die beiden äußeren Grautöne ihre Plätze. Interessant wäre auch, noch einmal zu unterteilen und zu wechseln, um kleine schwarze Quadrate zu erzeugen.

Beim Nähen war wichtig, die Nahtzugaben korrekt beizubehalten. Da ich dazu neige, zu nah an der Kante zu nähen, war mir das Kleid zuerst viel zu weit geraten. Die fehlenden Millimeter summieren sich bei zehn Bahnen eben auf.

Bei der Überlegung zum Stoffbedarf, nämlich recht viel in der Länge im Verhältnis zur gesamten Menge, speziell wegen der hellen Streifen, habe ich unterhalb der Taille unterteilt. So habe ich von jedem Ton nur 60 Zentimeter kaufen müssen statt 90. Ich fand, die Unterteilung schadet nicht, sondern streckt vielleicht noch den Oberkörper optisch. Nun kommt mir der Gedanke, dass gerade bei dieser Stoffart auch ein Zuschneiden in Querrichtung möglich gewesen wäre (was ja komplett unüblich ist).

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Die Schultern waren anfangs breiter angelegt, wie das Bild aus der Zeit „als die Welt noch schwarz-weiß war“ (Zitat von Käpt`n Blaubär, Kindersendung), zeigt. Das habe ich geändert, da mir die Schrägung der Schulter nicht gefiel und es zu sehr nach Star Trek aussah. Das Design sollte rechtwinklig sein und eher zur Bildwelt Mondrians tendieren. (Dieses schon öfter nachgearbeitet gesehene Mondriankleid nach einem Entwurf von Yves Saint Laurent wäre auch mal ein schönes Projekt.)

Tja, das waren die vorteilhafteren von den älteren Bildern. Aber auch das war lange Tatsache: Wenn das Kleid durch Bewegung hochgezogen wurde, fiel es nicht wieder richtig zurück, trotz Futter. Der Rücken wirkt oben zu weit, jedoch ist die zu geringe Hüftweite das Hauptproblem. Die richtige Passform hätte eigentlich geklärt sein müssen, bevor ich ans Gestalten gehe. Da ich immer nur das Nötigste an Nahtzugabe gebe, wurde es nun schwierig. Der Rücken war schon mal gekürzt, die Naht in der Taille eigentlich nicht vorgesehen.

Damit habe ich ein Weilchen gelebt. Um es der Nähöffentlichkeit vorzustellen, sollte es aber noch etwas besser sein, fand ich. Also habe ich mich noch einmal drangesetzt und den Rücken noch weiter gekürzt, im Bogen, d.h. mehr in der Mitte und auslaufend zur Seitennaht. Von der mittelgrauen und dunklen Fläche konnte ich noch etwa zwei Zentimeter herausholen und so an der Hüfte zu mehr Weite kommen. Am oberen Rücken wiederum habe ich die mittelgraue Fläche verschmälert. Die hellen Streifen mussten dabei aber gleich bleiben. Den abstehenden Rückenausschnitt habe ich nahezu beseitigt, indem ich den Oberstoff verstärkt habe und den Besatz verkleinert habe. Mir ist schleierhaft, wieso vorher alles so locker war. Das heißt, ich weiß schon, ich hätte nicht so viel Rundungen einbauen sollen, wo Besatz und Futter verbunden sind. Bügeln bringt auch viel, mit feuchtem Tuch natürlich. Und ich muss sagen, wenn dieser Flanellstoff nicht so robust und pflegeleicht im Grunde wäre, wäre aus dem Kleid nichts geworden. Bei einer anderen Stoffart hätte ich bestimmt längst alles blankgebügelt bei der ganzen Anpasserei.

So kann man immer wieder feststellen, nähen ist gar nicht so leicht. Und ohne kritische Betrachtung gibt es keine Entwicklung zum Besseren.

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Das Kleid ist übrigens nach einem älteren Grundschnitt gemacht, nicht nach dem kürzlich gezeigten. Aber so sieht eben die Ausgangssituation aus, wen es interessiert. Und an einem solchen kann man halt die Teilungsnähte anbringen, wie man will. Manchmal kommt auch etwas wie Moderne Kunst dabei heraus.

PS.: Bin heute zu einer Vernissage, dem MMM!

13 Gedanken zu “Sanduhr-Kleid

  1. rockmann1965 18. Februar 2017 / 9:09

    Das Kleid gefällt mir so wie du es hier mit dem Rollkragenpullover, den schwarzen blickdichten Strümpfen und den Schuhen trägst sehr. Schade das sowas schönes für die Männerwelt leider ein Tabu ist um es auch Anziehen zu können.

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    • formspielerins werke 18. Februar 2017 / 11:05

      Vielen Dank! Ein Oberhemd im gleichen Design oder einen Pullunder könnte ich mir aber durchaus vorstellen!

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      • rockmann1965 19. Februar 2017 / 5:57

        Männer sollten es aber auch als Kleid anziehen dürfen, also Unisex. Viele haben ja auch schöne Beine die dann durch die schwarzen Strümpfe betont werden können.

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        • formspielerins werke 20. Februar 2017 / 18:08

          Hm, wie wäre es als hüftlanger Blouson mit oder ohne Ärmel oder einem Zweireiher mit Treggings (Mischwort aus Trousers und Leggings) aus gerippten Doublejersey? Ganz ehrlich, Nylonstrümpfe sind doch immer gleich kaputt… Regina

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          • rockmann1965 21. Februar 2017 / 10:31

            Hallo Regina, mir sind bisher nicht viele Strumpfhosen oder Halterlosen kaputt gegangen. Und blickdichte sind auch etwas stabiler als die normalen 20den-Strumpfhosen

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  2. Julia Jamei 22. Februar 2017 / 11:56

    Ein schönes Kleid, das du dir entworfen hast. Mir gefällt die Aufteilung der Nähte und die Stoffkombi sehr gut.
    Lieben Gruß,
    Julia

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  3. Barbara 22. Februar 2017 / 19:21

    Du hast ein wunderschönes Kleid genäht, sehr außergewöhnlich mit der Linienführung, aber dabei trotzdem alltagstauglich durch die schlichten Grautöne! Und Deine Anpassung im Rückenbereich bewundere ich, für mich sitzt es jetzt perfekt.
    LG Barbara

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  4. stoffnotizen 23. Februar 2017 / 9:12

    Wieder eine schöne Idee toll umgesetzt. Und geduldig angepasst, super! Mir fehlt manchmal die Geduld ab einem gewissen Grad des Aufwandes, den ich schon in einen Schnitt gesteckt habe. Wünsche Dir weiter so viele geniale Ideen! LG

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    • formspielerins werke 23. Februar 2017 / 9:47

      Wie gesagt, die Anpassung geschah auch in Etappen, denn oft weiß man ja nicht gleich, woran es liegt, wenn etwas nicht gut aussieht. Ich für meinen Teil wünsche mir jedenfalls ganz grundsätzlich, dass Leute mir sagen, wenn sie Verbesserungsvorschläge haben. Danke, und einen schönen Tag!

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  5. kapsu2015 1. April 2017 / 22:41

    Klasse! Ich mag Grautöne sehr gern, wenn es ganz bunt werden soll. Und die Linienführung is toll. Und erwähnte ich schon die Grautöne?
    Die Idee landet definitiv in meiner Linksammlung, die will mal in meinen Schrank. Ich werde zwar wahrscheinlich meiner Schulterphobie zum Opfer fallen und da eine 08/15-igere Lösung basteln, aber wir wissen ja, wie die erwachsene, stilsichere Schwester aussieht. 😉

    Danke für diese Inspiration.

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