Film- und Serien Sew-Along Finale

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Nun ist es endlich soweit, die Ergebnisse werden präsentiert. Da mein Projekt recht aufwändig war, kam ich mit der Zeit gerade so hin. Es hat mir viel Spaß gemacht, diese kleine Verrücktheit zu schneidern. Es ist mehr ein Kostüm geworden und ich werde es immer dann tragen, wenn sommerlich gute Laune angesagt ist.

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Eine passende Kulisse habe ich auch gefunden, das Oldenburger Schloß in Niedersachsen, welches gleichzeitig Museum ist.

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Und noch ein Foto mit Ehemann, wie versprochen, aber so ganz öffentlich wollte er denn doch nicht zu sehen sein.

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Zur Verarbeitung:

Das Oberteil des Kleides ist gedoppelt. Innen ist es aus unelastischer Popeline gearbeitet. Die Nahtzugaben sind nach außen gewendet, so dass es eine saubere Innenansicht gibt. Darauf sind Nahtbänder genäht, die Tunnelzüge für Miederstäbchen bilden. Sie sollen vor allem die tief heruntergezogenen Schulterträger mit den Ärmeln halten. Damit die Enden der Stäbchen nicht durch den Stoff stechen, habe ich sie mit einem Stück Nahtband umnäht. Es gibt auch Plastikkappen, aber die fand ich unnötig zu kaufen.

Maßgeblich für die Anpassung der Form war ein Korsett. Ich benutze es als eine Art Schneiderpuppe. Das Kleid ist auch ohne gut tragbar, denn es ist in sich stabil genug. Fast habe ich etwas Mühe, aus ihm wieder herauszukommen, denn nur in der linken Seitennaht ist ein Reißverschluß eingearbeitet. Ein Taillenband brauche ich nicht, das Kleid kann gar nicht rutschen. Vorsorglich habe ich dennoch innen ein paar Schlaufen angebracht, damit man eines einziehen könnte, falls das Kleid mal von jemand anders getragen wird.

Das Gummiband an der Schulter ist zweiteilig, zunächst weil ich keines in passender Breite hatte. Dann fand ich es aber ganz gut, die Schulterrundung durch differenzierte Spannung nachformen zu können. So soll der Ausschnitt schön anliegen. Die Rüschendekoration verdeckt die Stelle.

Oberstoff und Innenkonstruktion sind nur an der Ausschnittkante, den Ärmeln und an der Taille miteinander verbunden. Ich hatte mir einige Gedanken gemacht, ob und wenn ja wieviel der Oberstoff verstärkt sein müsste, damit die Doppelung nicht lappig aussehen würde oder die Stäbchen beim Bügeln Kanten hervorrufen würden. Rücken- und Seitenteile des Oberstoffs sind daher mit leichter Gewebeeinlage verstärkt, die hintere Mitte zusätzlich mit etwas Volumenvlies. Das vordere Mittelstück ist mit Vlieseline H250 verstärkt. Diese ist bekanntlich schön fest, man sieht aber auch schnell Knicke, wenigstens war das während des Nähens so. Vielleicht wäre es ebenso gut gewesen auch hier Gewebeeinlage zu verwenden. Ich wollte jedoch nicht riskieren, ein Stäbchen direkt hinter den Oberstoff anbringen zu müssen. Sicher hätte man ein Nahtband an die ausreichend breite Nahtzugabe nähen können, das den Tunnelzug für ein Stäbchen gebildet hätte. Der Plan war aber, alle Stäbchen von außen an das Grundoberteil anzubringen.

Damit die Nahtzugaben der Teilungsnähte mit den Paspeln nicht durchdrücken sind auch sie mit Volumenvlies unterlegt. Es ist an der Nahtzugabe festgenäht, zur Fläche hin auslaufend flacher beschnitten und mit Formband fixiert. Ich hatte zunächst vollflächig unterlegt, doch das trug zu sehr auf.

Rockbahnen

Die Rockbahnen habe ich zunächst alle völlig gleich zugeschnitten, damit ich passgenaue Übergänge an den Nähten bekomme. Erst nach dem Zusammenfügen mit dem Oberteil habe ich die obere Kante kürzer weggeschnitten, denn manchmal stimmen Anzeichnung und realistische Situation nicht ganz überein. In den hinteren Rockteil musste ich noch Abnäher einbauen, weil das Rückenoberteil schmaler als das vordere Oberteil ist. Der obere Bereich ist hinten also ganz leicht kuppelartig gewölbt, während er vorn ganz glatt fällt, was der Silhuette förderlich ist, wie ich finde.

Zwischen den Rockteilen sind weiße Paspeln eingearbeitet. Bisher habe ich Paspeln immer so eingenäht, dass ich sie erst auf die eine Stoffkante aufgenäht habe, um anschließend die andere Stoffkante darauf zu legen und noch einmal mit dem Paspelfuß darüber zu gehen. Der Fuß erfühlt dann durch den oben liegenden Stoff die Wulst der Paspel, die die Richtung vorgibt.

Rockpaspel

Damit ich bei dem Streifenstoff nun aber genau sehen konnte, ob das Muster zusammenpasst, bin ich diesmal anders vorgegangen. Zuerst habe ich wieder an die eine Stoffkante den Paspel angenäht. Dann habe ich Nahtzugabe mit Paspel umgebügelt, so dass die Wulst ganz außen liegt. Dieses Teil konnte ich nun passgenau an die Kante der anderen Rockbahn anlegen (links auf rechts), feststecken und mit dem Paspelfuß in der Rille zwischen Paspel und Stoff (im Nahtschatten) festnähen. Die Nadel habe ich leicht ausrichten müssen. Das ging natürlich nur langsam vonstatten, jeden Stich daneben sieht man sofort.

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Die Wäschespitze am Saum ist rechts auf rechts angenäht und die Nahtzugaben dann nach oben gebügelt. Das hält sich erstmal so, aber falls nicht mehr sind 4,20 Meter Handsaum fällig, denn so lang ist der Volant (drei Stoffbreiten).

Innenaermel

Die Ärmel bestehen aus drei Teilen. Über einen einfachen Unterärmel ist ein Puffärmel gezogen, der am Saum mit dem Unterärmel verbunden ist. So hängt sich das Gebauschte nicht aus, sondern bleibt an vorgesehener Stelle. Eine separate Rüschenkante schließt sich dem an. Sie ist mit weißem Baumwollvoile verstürzt. So konnte ich die Spitze ohne sichtbare Naht zwischenfassen und habe auch eine schöne Innenansicht ohne Stoffrückseite. Die grüne Zackenlitze versteckt die Kräuselnaht und akzentuiert den Ärmel.

Von der Konstruktion her ist dieser Ärmel etwas anders als üblich gestaltet. Er hat eine sehr kurze Kugel und die Ecke zwischen den Mittel- und Seitenteilen will auch berücksichtigt werden. Den Schnitt des Puffärmels habe ich dann vom Unterärmel durch einschneiden und auseinanderziehen abgeleitet.

Die Ausschnittdekoration, auch Berthe genannt, habe ich aus fünf trapezförmigen Stoffteilen drapiert. Dafür hatte ich keine Vorlage, nur eine ungefähre Vorstellung davon, was ich haben wollte. Der Stoff ist durch Nähte in den Tiefen der Falten auf eine Grundform fixiert. Für die Grundform gibt es eine Konstruktionsanleitung, man muss sie aber dennoch individuell anpassen. Die Berthe ist vorn und hinten an die Ausschnittkante angebracht, an der Schulter liegt sie nur lose auf dem Gummiband. Durch die überstehende Spitze bleibt die Naht verdeckt.

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Die Gestaltung des Vorderteils mit den schräg gestellten Streifen sieht nicht nur interessant aus, sie macht auch nähtechnisch Sinn, wie mir aufgefallen ist. Die (verdeckten) Träger verlaufen so nämlich im Fadenlauf, anderenfalls würden sie sich dehnen. Wenn die Streifen mit einem Winkel von 120° zueinander stehen, wirkt es harmonisch, finde ich.

Ein Sew-along ermutigt auch mal nicht alltägliche Dinge auszuprobieren. -Deswegen gerne wieder! Mal schauen, was noch so entstanden ist bei „Minimale Extravaganz“!

8 Gedanken zu “Film- und Serien Sew-Along Finale

  1. blaupause7 16. Juli 2017 / 10:06

    Das ist ja überwältigend schön geworden, und wie ich sehe, hast Du auch die Handschuhe fertigbekommen. Wo sich die Mühe so gelohnt hat, hat doch das Eis bestimmt besonders gut geschmeckt?

    Besonders hübsch finde ich als Detail die roten Schleifchen am Decolleté; die erinnern mich an das Kleid der franz.Blatt-Spielkarte „Kreuz Dame“

    Lieben Gruß aus dem Süden der Republik
    Ulrike

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    • formspielerins werke 16. Juli 2017 / 11:28

      Freut mich sehr, dass es dir gefällt! Und das, obwohl ich so ungeschickt war, den Mann ins Spiel zu bringen. Wir hatten durchaus Spaß.
      Ja, die Handschuhe habe ich gar nicht weiter erwähnt. Ich hatte noch an der Innenhand und den Zwischenstreifen weggenommen und sie so passend gemacht. Jetzt geht´s.
      Die Modegeschichte bietet viele Inspirationen. Mir wäre es viel leichter gefallen ein Projekt zu finden, hätte ich für ein bestimmtes Jahrhundert oder Jahrzehnt nähen sollen. Denn ich sehe gar nicht so viel fern!
      Grüße zurück!

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  2. Martin Roth 16. Juli 2017 / 19:15

    Das ist wirklich schon wahnsinnig aufwendig, aber so ein besonderer SewAlong regt ja auch mal an etwas Aussergewöhnliches zu zaubern, was man ansonsten nicht nähen würde. Ist klasse gelungen.
    Liebe Grüsse Martina

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  3. 500daysofsewing 17. Juli 2017 / 9:06

    Ich finde dein Projekt wirklich beeindruckend. Ich finde es total toll, dass du so genau beschreibst wie du was genäht hast. Auch wenn ich (noch?) nicht so viel davon verstehe, dein Blogpost ist perfekt dafür ihn später nochmal hervorzukramen und ihn erneut zu lesen, wenn man sich auch mit ähnlichem beschäftigt. Aktuell bleibt mir also nur zu bewundern wie das Ergebnis aussieht. Auch wenn es, wie du beschreibst eher ein Kostüm geworden ist – du siehst super schön aus in dem Kleid. Einzig die patches sind nicht so mein Fall. Irgendwie sind sie lustig. Aber irgendwie werten sie diesen Zauber des Kleides auch ein bisschen ab. Alle anderen Details finde ich wirklich zauberhaft und du könntest damit direkt in einem Disney-Film mitspielen. Und das meine ich durchweg positiv :o)
    Hut ab vor deiner Leistung!!
    Viele Grüße,
    Melanie

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    • formspielerins werke 17. Juli 2017 / 14:02

      Vielen Dank! Mit den Patches hast du Recht, es ginge auch ohne. Früher waren diese gestreiften Kleider ja auch ernsthaft gemeint, ohne „Flicken“ drauf.
      Ich versuche immer etwas von meinen Erfahrungen unterzubringen, warum sollte sich die Welt sonst für meine Klamotten interessieren?!

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  4. Nele 17. Juli 2017 / 9:06

    Wow! Ich bin total bezaubert von deinem Ergebnis – so aufwändig und perfekt geschneidert und dann gleichzeitig so frech 🙂 Ich erkenne die Referenz, aber ich finde es noch toller, dass du „deins“ draus gemacht hast – diese Aufnäher sind herrlich, die Länge ist super und dann ein Eis in der Hand.
    Ich habe ein großes Grinsen auf dem Gesicht und gratuliere dir zu so viel „Look“ und Pfiffigkeit. Wunderbar ist es geworden, wirklich! 🙂

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  5. yacurama 18. Juli 2017 / 19:13

    Wundervolle Umsetzung und Präsentation! Mit dem Eis in der Hand echt ein Knaller. Ich finde die Zusammenstellung des Schnitts mit den Stoffen und Aufnähern sehr gelungen!
    Liebe Grüße,
    yacurama

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