Tartan-Minikleid

bw6 Man weiß nicht genau: Ist sie ein englisches Schulmädchen oder vielleicht die Emma Peal aus der Filmreihe „Mit Schirm, Charme und Melone“ und geht mit John Steed auf Agentenjagd? Auf jeden Fall fühle ich mich schon „very British“, wenn ich dieses Minikleid mit Black watch-Tartanmuster trage. Hat man in den 60er oder 70er Jahren, als Mini modern war, die neue aufbegehrende Silhuette mit traditionellem Stoffmuster kombiniert? Widerspricht sich das nicht? -Da ich die Zeit nicht wirklich miterlebt habe, bin ich mal so frei und tue es.

Andererseits, die Kilttradtion ist noch älter. Man könnte das Kleid auch als nach oben hin verlängerten Kilt ansehen oder als mittelalterliche Männerrobe, bei der nur noch das am Gürtel steckende Schwert fehlt.

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Die durchgängig opake Unterkleidung hat eine plakative Wirkung. Sie läßt das Bunte der Oberkleidung stärker hervortreten, vergleichbar etwa mit Bleiverglasung von Kirchenfenstern oder der expressionistischen Malweise, bei der das Motiv oftmals dunkel umrandet wurde. Man könnte das Kleid auch mit blickdichten Strümpfen tragen, aber ich finde, es macht einen Unterschied, ob man Leggings oder Strumpfhosen trägt. Rollkragenshirt und Leggings aus dem selben Stoff lassen die Idee eines einteiligen Anzugs zu, der für sich schon für Power steht. Außerdem sind Leggings im Tragekomfort angenehmer. Aber genug der Philosophiererei!

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Zum Technischen: Der Schnitt ist eigentlich recht simpel. Der Brustabnäher ist zur Seitennaht gedreht und steht etwa rechtwinklig zum Taillenabnäher. So wird das Muster am wenigsten beeinflußt.

Um die Vorderansicht aufgelockert zu gestalten, habe ich das angesetzte Rockteil nur teilweise in Falten gelegt. Die Faltentiefe ist genau ein Musterrapport breit. Man achte auf den harmonischen Übergang zum Oberteil.

Mit dem Fall der Falten war ich anfangs nicht zufrieden. Der glatte um 45 Grad gedrehte Teil war zuerst direkt ohne Falte angesetzt und hatte die Falten zu sich hin gezogen. Die seitliche Falte schließlich ist dazu da, die winklige Optik zu unterstützen. Das rückwärtige Rockteil ist auch wieder gedreht zugeschnitten.

Wenn es einen Gürtel gegeben hätte, der schön auf der Hüfte aufliegt, hätte ich ihn wohl gekauft. Einen solchen, der gebogen sein muss, habe ich jedoch nicht gefunden und so musste ich wieder selbst aktiv werden:

Nachdem das Kleid fertig war, habe ich eine Abwicklung aus Papier angepasst. Die Naht zwischen Ober- und Unterteil gab gute Orientierung. Nach dieser Schablone sind zwei Lagen festen Stoffes und eine Lage dünnes Kunstleder aufeinander genäht. Dieses habe ich dann eingeschlagen in größer ausgeschnittenes Kunstleder und mit Handstichen geheftet. Nun wurde die sichtbare Naht der Vorderseite gesteppt. Dafür habe ich einen Rollenfuß verwendet. Um einen sicheren Lauf zu gewährleisten, habe ich auf gleichbleibende Höhen geachtet und ein Papiertaschentuch mitführen lassen. Die kleinen Bilder zeigen wie ich die überstehenden Heftkanten der Rückseite abgeschnitten und das Ende gestaltet habe. Gürtelschnalle und Ösen anzubringen waren dann nur noch ein Kinderspiel. Obwohl, die Löcher müssen genau abgezirkelt werden, nicht dass man sich aufs Letzte noch vertut.

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Mit Wollhut und Stiefeln ist das Outfit fast komplett.

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Fehlen nur noch der Schirm und die Jacke. Dann bin ich gerüstet fürs englische Wetter.

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So, und nun muss ich auch schon wieder los, Agenten jagen.

-Ich meinte, Enten jagen. Nein auch nicht. Füttern!

Wir sehen uns beim MeMadeMittwoch in alter Frische!

20 Gedanken zu “Tartan-Minikleid

  1. Anja 2. November 2016 / 10:14

    Tolles Outfit, gefällt mir sehr, sieht gar nicht so einfach zu nähen aus, LG Anja

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  2. verschiedenArt 2. November 2016 / 12:26

    Wow, was für ein wunderschönes Kleid! Die Falten und die verschiedenen Richtungen in denen du den Stoff verarbeitet hast, wirken wunderbar und hochwertig!
    Tolle Arbeit! Und sehr schön kombiniert. Von dem Kleid sollte wirklich nichts ablenken.
    Liebe Grüße
    Sandra

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  3. Tanja 2. November 2016 / 12:45

    Klasse, sogar einen Gürtel hast Du Dir überlegt, Respekt. Richtig schönes ungewöhnliches und doch sehr tragbares Kleid, steht Dir gut! LG, Tanja

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  4. Silke 2. November 2016 / 16:01

    Da hast du dir ein richtig stimmiges Teil genäht. Ich finde der Stoff passt super zum Schnitt und dein gebogener Gürtel liegt wirklich gut auf der Hüfte. Ich wäre da nie im Leben drauf gekommen, aber eigentlich ist es schon logisch. Also, sehr schick und professionell verarbeitet und als AushilfsBondgirl würdest du auch noch durchgehen.
    lG Silke

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    • formspielerins werke 2. November 2016 / 16:41

      Da muss ich schmunzeln. Wäre auch was für dich, nicht? So wie du es auch zeigst, ist ein Kleid über Shirt für den Winter doch recht angenehm zu tragen.

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  5. Christa 2. November 2016 / 16:13

    Tolles Kleid, gefällt mir ausnehmend gut! Perfekt, wie du auf die vielen Kleinigkeiten geachtet hast. Und perfekt gestylt! LG Christa

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  6. Januarkleider 2. November 2016 / 18:52

    Tolles Kleid, besonders gefällt mir die unterschiedliche Verwendung des Karos und dass du glatte Teile mit Faltenpartien abgewechselt hast. Sieht sehr nach 60er Jahren aus.
    Als „ältere“ Frau kann ich dir sagen, dass sowohl in den Sechzigern als auch in den Siebzigern Karo sehr wohl verwendet wurde. ich hatte als Kind ein kariertes Trägerkleid mit tiefangesetztem Faltenrock und als Teenie eine Art Minikilt.
    LG
    Susanne

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    • formspielerins werke 2. November 2016 / 19:18

      Ja stimmt, wenn ich meine Kindergartenfotos anschaue, sehe ich auch einige Hosen und Kleider in Karo!

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  7. bekraenzt 2. November 2016 / 21:32

    Ich bin beeindruckt. Du siehst wirklich super aus! Aber einen Tipp hab ich zur Herbst- und Wintersaison: Du musst die Enten nicht füttern, sondern essen 😉
    Liebe Grüsse

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  8. Molas 2. November 2016 / 22:07

    Wirklich toll ist dein Kleid geworden.
    Lg Iris

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  9. Siebensachen 2. November 2016 / 23:28

    Ich bin schwer beeindruckt von deinem Kleid. Man muss so etwas natürlich tragen können – du kannst es.
    LG
    Siebensachen

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  10. Kirsten 5. November 2016 / 11:44

    Ein sehr schönes Kleid!!! Ich liebe den Stoff und den Schnitt. Passt einfach perfekt zusammen:o)
    Lg Kirsten

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    • formspielerins werke 5. November 2016 / 14:38

      Oh, ja danke! Ich habe gar nicht mehr mit Wortmeldungen gerechnet. Bestimmt mache ich auch noch mehr mit Wollstoff. Mir gefällt so gut, dass sich Knitter einfach aushängen und man gar nicht viel tun muss bügeltechnisch, wenn die regulären Falten (mit Dampf) erstmal drin sind. Regina

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  11. Katti Rocksaum 7. November 2016 / 17:05

    Tolles Kleid, toll beschrieben. Und ganz schön viel Arbeit bei dem Muster…
    Respekt!

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  12. Kirsten 31. August 2017 / 0:03

    Ich musste gleich mal nach dem Rollfuß gucken 😉 Aber das Kleid ist ja auch wahnsinnig toll geworden! Das dauert noch ein bisschen, bis ich so akkurat nähen kann…
    Liebe Grüße
    Kirsten

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