Dieses Sommerkleid mit seinen verspielten, figurbetonenden Elementen ist stilistisch angelehnt an die Kleider der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts. Ähnliche Kleider habe ich schon auf anderen Blogs gesehen, hier nun meine Version. Den Schnitt habe ich selbst konstruiert. Im Folgenden gehe ich auf technische Details ein:
Die mit Paspelband versehenen Taillen-, Vorder- und Rückenschulterpassen fassen die auf Brusthöhe liegenden Schnittteile ein. Die Passen sind innen auch als Besätze vorhanden.
Da das Körpernahe am besten in der Umgebung von Weite wirkt, habe ich das Rückenmittelteil etwas verbreitert, um es einkräuseln und damit einen Eindruck von Luftigkeit erzeugen zu können.
Für die Paspeln habe ich Paketschnur in weiße Baumwollstreifen, die im schrägen Fadenlauf zugeschnitten sind, eingenäht. Die Stärke habe ich mit dem Paspelfuß der Nähmaschine abgestimmt. Ob es so professionell ist, eine solche gedrehte, nicht zu weiche Schnur zu verwenden, weiß ich nicht. Ich bin jedoch gut damit zurechtgekommen.
Bei der Schnitterstellung habe ich auf ausgeglichene Größenproportionen geachtet. Besonders über den Verlauf des oberen Abschlusses der Taillenpasse habe ich länger nachgedacht. Ich wollte die Brust nicht zu präsent haben.
Die passende Weite und die richtige Ansatzlinie des Rockteils habe ich etwas mühsam ermittelt, indem ich das fertige Oberteil im angezogenen Zustand an das Rockteil habe stecken lassen. Der vorläufig halbtellergroße Rock war dabei in der Taille fixiert und das Oberteil lag darüber. Ich wollte trotz Weite möglichst glatt ansetzen. Da zuviel Stoff zum Einreihen da war, habe ich noch etwas weggeschnitten, so dass der Rock jetzt vielleicht nur noch 170 Grad hat. Was an Rockstoff unter dem Oberteil lag, habe ich herausgeschnitten.
Damit die Saumkante in großzügigen Bögen schwingt, ist sie mit Schrägband (in aufgeklapptem Zustand) hinterlegt. Dabei näht man zuerst das Schrägband von rechts auf, schlägt dann um und näht das Band auf der linken Seite von Hand mit kleinen Stichen an. Weil ich nun aber gern alles mit der Maschine nähen und die Stiche direkt an der Kante des Schrägbandes haben wollte, habe ich mal versucht den Blindstich von der Oberseite des Saumaufschlages bzw. Schrägbandes auszuführen anstatt wie üblich von seiner Rückseite her. Das geht genauso gut. Sogar mit freischwebendem Blindstich, der nur die relevanten Stiche fasst, sieht die Sache genauso gut aus und hält.
Die Ballonärmel sind nach einer Anleitung aus dem Buch von T. Gilewska gemacht: ein erweiterter Ärmel wird bogenförmig eingeschnitten und abgenäht. Daran schließt noch eine Manchette mit Paspel und Knopf zur Dekoration an.
Da die Taillenpasse eng, aber auch im Sitzen bequem und locker sein sollte, habe ich ein Probeteil angefertigt. Auf das absolute Maß kommt es nicht an, niemand mißt nach. Ein Taillenmaß von 76 cm locker fallend kann schlanker aussehen als 72 cm, die eng sitzen. Das ist beides wenig, kann man einwenden, jedoch darf dies genauso für größere Zahlenverhältnisse gelten, denn Gespanntes sieht nie gut aus.
Und wenn ich nun frei gestalten kann und an Stilelementen übernehmen kann, was ich möchte, muß ich sagen, besonders in Bezug auf die Ärmelgestaltung möchte ich heute lieber an die Fluffigkeit der 80er Jahre erinnert sein als einen Eindruck von der Stoffknappheit der 50er Jahre haben.
Ich denke, die schöne Wirkung wird hier durch die formale Gegensätzlichkeit von „weit “ und „eng“ erreicht ohne streng zu werden. Es ist also kein Original-Vintagekleid.
Was andere sich so für den Sommer nähen, sammelt der MeMadeMittwoch-Blog !
Guten Morgen,
das Kleid steht dir ganz hervorragend. Du hast es wirklich schön umgesetzt und verarbeitet. Ich finde deine Konstruktion für dich total gelungen.
Einzig der Schulterbereich/Halsausschnitt steht ein wenig ab. Liegt es an der Paspel oder an der Konstruktion? Oder ist das so gewollt?
Viele Grüße
Ela
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Hallo Ela,
ja danke! Der Schulterbereich ist durch die Paspel schon etwas steif. Je nachdem wie man sich bewegt, steht hier und da mal was ab. Von der Konstruktion her liegt die Passe aber direkt an.
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Wow, da steckt ja so viel Liebe drin!
Vor allem die Ärmel finde ich super!
Liebste Grüße
el Benschi
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Hallo el Benschi!
Eben wegen der Ärmel war ich mal gespannt, wie die aufgenommen werden würden. Mir gefiel diese Möglichkeit so gut. Vielen Dank fürs Kommentieren!
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Wow! Ein sehr verspieltes Kleid! Passt dir aber gut! Viel Freude beim Tragen!
LG Stefi
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Hallo Stefi!
Ja danke, ich hatte es schon ein paar Mal an. Gerne wieder hereinschauen!
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Hihi, das kenne ich doch irgendwo her 😀 Ist auch wirklich ein schöner Schnitt und auch von dir toll umgesetzt! Auch gut, die im Gilewska-Buch gezeigten Konstruktionen mal genäht zu sehen! Der Stoff ist schön sommerlich und die Paspel macht sich richtig toll dazu.
Liebe Grüße,
yacurama
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Hallo Yacurama!
Dass es auch gerade dir gefällt, freut mich sehr. Ich fand dein Kleid so toll und musste unbedingt versuchen, es nachzubauen. Nun gibt es halt noch eine Variante dieser Schnittidee, von der Firma Colette ursprünglich, glaube ich. Irgendwo wurde mal gesagt, dass das Kleid grundsätzlich niemandem wirklich passe. Und ich glaube auch, es muss der Trägerin auf den Leib geschneidert werden, denn die Figuren können so verschieden sein.
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Ja, das habe ich auch immer wieder gehört… Ich denke es liegt daran, dass der Schnitt doch recht komplex ist und es daher vielen schwer fällt, ihn richtig anzupassen.
Liebe Grüße ,
yacurama
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Mensch das sieht extrem anspruchsvoll aus. Sehr viele Feinheiten, die man hier beherrschen muss. Da muss ich erst noch hinkommen ;-). LG, Fanny
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